Vielleicht haben Sie schon einmal erlebt, dass Ihr Partner fremdgeht oder Sie vermuten bereits so etwas. Manchmal kommt es auch vor, dass Partner, die auf den ersten Blick ein harmonisches und glückliches Beziehungsleben führen, ihr Glück im Fremdgehen suchen. Gerade in diesen Fällen bricht für den anderen zunächst einmal eine Welt zusammen. Das Unverständnis über diesen Treuebruch ist gewaltig.
Doch wenn Sie das Ganze dann langsam etwas sacken lassen, kommen diverse Fragen auf, zum Beispiel: Warum hat mein Partner/meine Partnerin das getan? Was lief falsch? Trage ich eine Mitschuld oder einen Anteil daran, dass unsere Partnerschaft (offensichtlich) nicht erfüllend für den anderen war? Auch wenn das Fremdgehen des Partners nie die eigene Schuld ist, kann es tatsächlich sein, dass die Beziehung bereits vorher unbefriedigend für einen oder beide Partner war. Daran kann man auch selbst einen Anteil oder eine Mitschuld tragen.
In diesem Artikel werden wir auf die Ursachen und Gründe schauen, wie es zu Beziehungsproblemen und im Extremfall zum Fremdgehen kommen kann. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten und auch bereit für etwas Selbstkritik sind, lesen Sie weiter und stellen Sie sich die folgenden Fragen.
1. Kennen wir uns eigentlich richtig?
Die meisten meinen, den Charakter ihres Partners gut zu kennen. Ist er/sie einfach der Typ Mensch, dem treu sein schwerfällt oder dem (körperliche) Treue nicht wirklich wichtig ist?
Wenn Sie den ersten Schock verdaut haben, sollten Sie diesbezüglich ein offenes, ehrliches und klärendes Gespräch führen. Kennen Sie Ihren Partner/Ihre Partnerin eigentlich richtig? Oder hat sich er/sie niemals richtig offenbart?
In vielen Partnerschaften läuft es so, dass über eigene sexuelle Phantasien und Wünsche nie gesprochen wird – ein großer Fehler. Einer der beiden schämt sich, Dinge von sich preiszugeben, die vielleicht peinlich sind oder wo er meint, dass der andere damit nicht leben könnte. Sie sollten das zumindest jetzt ohne Tabus klären. Wohin dann die Reise geht, das wissen nur sie beide. Aber dieses Gespräch ist nötig. Sie sollten dem nicht aus dem Weg gehen.
2. Bin ich (zu) eifersüchtig?
Die Eifersucht ist wohl der größte aller Beziehungskiller. Dabei muss man jedoch zuerst einmal zwischen einer gesunden und einer krankhaften Eifersucht unterscheiden. Während erstere vollkommen in Ordnung ist, führt letztere in Beziehungen zu sehr großen Problemen und es endet in vielen Fällen sogar mit dem Bruch der Beziehung. Es gibt verschiedene Gründe und Anzeichen, wie Sie eine krankhafte Eifersucht erkennen können. Wenn Sie merken, dass davon etwas auf Sie zutrifft oder Sie das von sich kennen, sollten Sie sich aktiv mit diesem Problem auseinandersetzen.
Anzeichen für Eifersucht
Bei extrem eifersüchtigen Menschen steht oft die Frage im Raum: “Bin ich gut genug für den Partner/die Partnerin?”. Es zeigt sich also eine Art Minderwertigkeitsgefühl, die sich oft in frühester Kindheit entwickelt. Aufgrund dieses Minderwertigkeitsgefühls fühlt sich derjenige seinem Partner/seiner Partnerin gegenüber extrem unterlegen. Wenn Sie also das Gefühl verspüren, dass sie nicht hübsch genug seien, der Partner/die Partnerin aber perfekt ist und Sie deshalb Angst davor haben, ein anderer Mensch könnte Ihre Position einnehmen, weil der Partner/die Partnerin diesen Menschen wesentlich attraktiver finden könnte, dann haben Sie ein solches Minderwertigkeitsgefühl und es könnte sein, dass sie häufig eifersüchtig reagieren und den den Partner/die Partnerin ständig kontrollieren und beherrschen wollen. Auf diese Weise bestimmt Misstrauen die Beziehung und der andere wird in seiner Freiheit eingeschnitten.
Ursachen für Eifersucht
Verluste in der frühen Kindheit können ein Grund für die Entstehung einer krankhaften Eifersucht sein. Menschen, die sehr früh einen Elternteil oder eine sonstige nahe Bezugsperson verloren haben oder schon einmal von betrogen wurden, können aufgrund dieses Verlustes eine tiefe Angst entwickeln, dass so etwas wieder passiert. Wenn man dann endlich (wieder) einen Partner/eine Partnerin gefunden hat, den/die man über alles liebt, ist unbewusst sofort die Angst mit da, dass der Partner einen wieder verlassen könnte und das versucht der Betroffene dann mit allen Mitteln zu verhindern. Wenn Sie diese Verlustangst ebenfalls verspüren oder diese in der Vergangenheit in Ihrer Beziehung bereits zu gewissen negativen Verhaltensweisen geführt hat, könnte auch das mit ein Grund für Ihre Beziehungsprobleme sein.
3. Bin ich vielleicht egoistisch?
Eine egoistische Herangehensweise an die Partnerschaft (im Extremfall eine narzisstische Persönlichkeitsstruktur) kann ebenfalls der Grund dafür sein, dass sich der Partner von Ihnen abwendet und vielleicht sogar fremd geht. Ein narzisstischer Mensch neigt dazu, egoistisch nur an sich selbst zu denken. Der Partner hat sich ihm unterzuordnen und auf seine Wünsche und Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Jeder Partner, der das ertragen muss und auf dessen Bedürfnisse nicht eingegangen wird, wird sich irgendwann innerlich distanzieren oder früher oder später vielleicht sogar einmal den Schlussstrich ziehen oder Fremdgehen.
Fragen Sie sich deshalb selbstkritisch: Sind Sie in der Beziehung immer etwas egoistisch gewesen? Und haben Sie die Tendenz, die Schuld für Scheitern oder Fehler komplett auf den anderen zu schieben? Wie sieht es mit Ihren Fähigkeiten aus, die Gefühle des Partners/der Partnerin wahrnehmen zu können? Denken Sie überhaupt darüber nach oder beklagen Sie sich eher, wie schlecht es Ihnen gerade geht? Interessiert es Sie überhaupt, wie sich der Partner/die Partnerin fühlt oder ist Ihnen das eher egal?
4. Habe ich den Partner vernachlässigt?
In vielen Partnerschaften kehrt irgendwann der Alltag ein. Die ersten Schmetterlinge im Bauch sind mittlerweile verschwunden und es kann passieren, dass beide Partner irgendwie aneinander vorbei leben. Und gibt es gemeinsame Kinder, so wird das Zusammenleben von Arbeit und Kindererziehung oft voll ausgefüllt. Der eine kommt abends erschöpft von der Arbeit und der andere ist fix und fertig von den täglichen Arbeiten im Haushalt und der Betreuung des Nachwuchses.
Zeit für den Partner einräumen – oder: Beziehungskrisen verhindern
Wenn man in diesen Fällen nicht aufpasst und extra eine gemeinsame Zeit mit dem Partner reserviert, kann der Alltag einen überrollen und die Partnerschaft rückt in den Hintergrund oder wird ganz vernachlässigt. Viele Paare merken diesen schleichenden Prozess in ihrer Beziehung gar nicht. Tatsächlich braucht eine Beziehung aber Raum und Zeit, um daran zu arbeiten, klärende Gespräche zu führen und dem anderen zu zeigen: Du bist mir wichtig. Kommt es in der Folge zum Fremdgehen ist dies möglicherweise ein Zeichen von Hilflosigkeit und ein Suchen nach etwas, was in der eigenen Beziehung verloren gegangen ist. Endlich ist da wieder ein anderer Mensch, der einen begehrt und der sein Interesse zeigt.
Nun fragen Sie sich einmal selbstkritisch, wann Sie sich mit Ihrem Partner zum letzten Mal tiefgründig unterhalten haben. Wann haben Sie ihm/Ihr gesagt, wie hübsch und großartig er/sie doch ist und wie sehr sie ihn/sie lieben? Wann waren Sie das letzte Mal zu zweit im Restaurant oder Kino? Wer sich vernachlässigt und nicht begehrt fühlt, wird dazu neigen, sich das Gefühl woanders suchen zu wollen.
Aufeinander zugehen im Gespräch – oder: Beziehungskrisen lösen
Sollte es bereits zum Treuebruch gekommen sein, ist es nur natürlich, dass Sie sich verletzt fühlen. Wenn Sie sich jedoch bereit fühlen und Ihrem Partner vergeben möchten, sind Gespräche und eine ehrliche Selbstkritik, was in der Vergangenheit schief gelaufen ist, unerlässlich. Wenn Sie sich dieser Situation stellen und erkennen, dass der Fehltritt des Partners mit aus dieser heraus Frustration entstanden ist, dann haben Sie eine große Chance, dass Sie wieder aufeinander zugehen können und die Beziehung vielleicht zu retten ist. Natürlich müssen Sie dafür bereit sein, das Vertrauen dem anderen gegenüber wieder neu entgegenzubringen und ihm/ihr zu verzeihen.
Wenn Sie das schaffen, kann eine solche Krise auch ein Anlass für Wachstum und eine neue Chance für die Beziehung sein. Wenn Sie das überstehen, kann Ihre Partnerschaft in Zukunft deutlich gestärkt daraus hervorgehen, weil Sie gemeinsam aus den Fehlern der Vergangenheit lernen können. Nutzen Sie also diese Chance und werfen Sie diese nicht aus falschem Stolz einfach weg.
5. Habe ich unsere Sexualität vernachlässigt?
Sexualität ist natürlich eines der Kernthemen und auch Streitthemen in jeder Partnerschaft. Und gerade Frustration in sexueller Hinsicht kann zu einem Seitensprung führen und der Partner sucht sich sexuelle Erfüllung bei jemand anderem.
Fragen Sie sich auch hier: Haben Sie immer offen und ehrlich über die Wünsche und Vorlieben geredet? Wissen Sie welche Fantasien Ihr Partner hat? Und erfüllen Sie ihm/ihr all diese Wünsche und Fantasien, soweit es geht? Nichts ist so vielfältig wie die Sexualität. Und im Prinzip ist alles erlaubt, was auch beiden gefällt. Das wichtige ist nur, dass man diesbezüglich auch eine gemeinsame Wellenlänge findet.
Wenn Sie in der Vergangenheit für Sex häufig keinen Raum oder keine Zeit gefunden haben oder die Art und Weise für einen oder Sie beide unbefriedigend war, reden Sie darüber und fragen Sie sich, wie Sie Ihr partnerschaftliches Sexleben besser gestalten können.
6. Wann beginnt eigentlich Fremdgehen?
Die Frage, wann Fremdgehen eigentlich beginnt, wird von vielen Menschen unterschiedlich beantwortet. Während der krankhaft Eifersüchtige schon in einem einfachen Blick seines Partners in der Fußgängerzone ein Fremdgehen sieht, beginnt das Fremdgehen für andere bei einem Kuss. Ein anderer bewertet erst den Geschlechtsakt als Fremdgehen. Auch in verschiedenen Kulturen wird diese Frage völlig unterschiedlich bewertet.
Deshalb: Sprechen Sie darüber! Letztendlich muss jedes Paar für sich selbst festlegen, wo die Grenze zum Fremdgehen beginnt. Aber bitte sprechen Sie zu Beginn der Partnerschaft über dieses Thema, vor allem dann, wenn Sie von sich selbst wissen, dass Sie hier entweder sehr eifersüchtig sind. Offenheit vermeidet Verletzungen. Deshalb sollten Sie gerade über Ihre Bedürfnisse offen sprechen. Aber bringen Sie dem anderen auch Respekt entgegen und akzeptieren Sie dessen Grenzen. Decken sich Ihre Einstellungen nicht, seien Sie an dieser Stelle lieber rücksichtsvoll, denn: Sind Grenzen einmal überschritten, muss Vertrauen erst wieder langsam wachsen.
6 Tipps, wie man Fremdgehen vermeiden kann
Hier zum Abschluss noch eine kleine Auflistung, die Ihnen dabei helfen soll, wie Sie Ihre partnerschaftliche Beziehung pflegen. Auf diese Weise wird das Fremdgehen des Partners erst gar kein Thema:
- Versuchen Sie, nicht übermäßig eifersüchtig zu sein oder den Partner zu kontrollieren. Geben Sie ihm/ ihr den Raum, den er braucht. Fällt Ihnen das schwer, so holen Sie sich professionelle Hilfe.
- Reden Sie offen und ehrlich in der Partnerschaft. Da sich die Bedürfnisse von Partnern oft unterscheiden sich, müssen diese gut kommuniziert werden. Es geht nicht darum, dass Sie immer einer Meinung sind, aber dass Sie über alles, was Sie beschäftigt reden – und im Konfliktfall gut und konstruktiv streiten.
- Lernen Sie, die Wünsche des Partners zu erahnen und ihm eine Freude zu machen. Haben Sie damit Schwierigkeiten, fragen Sie ihn/sie danach. Eine kleine Aufmerksamkeit, zum Beispiel in Form eines Geschenks, eines Blumenstraußes oder einer kleinen Hilfe im Alltag, ohne danach gefragt zu werden, zeigen Ihrem Partner: Du bist mir wichtig.
- Verlieren Sie sich nicht aus den Augen. Achten Sie auch im Alltag darauf, Ihren Partner wertzuschätzen und Zeiten für sich als Paar freizuhalten. Wertschätzung zeigt sich nicht so sehr “Es ist eh alles gut” und “nicht geschimpft ist gelobt genug”, sondern mehr im aktiven Bemühen umeinander.
- Klammern Sie das Thema Sexualität nicht aus. Reden Sie auch hier offen und ehrlich über Wünschen und Fantasien. Das ist der erste Schritt für ein erfülltes partnerschaftliches Sexleben. Denn: Wie kann der Partner wissen, was Ihnen gefällt, wenn Sie es ihn/sie nicht merken lassen und nicht zeigen.
Schlussgedanke
Wenn Sie den Artikel aufmerksam gelesen haben und zudem auch offen Selbstkritik geübt haben, können Sie jetzt vielleicht besser einschätzen was Ihre Beziehung belastet hat, was eventuell mit zum Fremdgehen Ihres Partners geführt hat und wie Sie wieder neu aufeinander zugehen können, wenn Sie sich bereit dazu fühlen und das möchten.
Welche Schlüsse Sie als Paar im Konkreten daraus ziehen, bleibt Ihnen selbst überlassen. Wenn Sie eigene Fehler erkannt haben, dann arbeiten Sie daran. Und wenn nötig, holen Sie sich auch professionelle Hilfe, zum Beispiel indem Sie ein Paarcoaching in Anspruch nehmen. Dabei werden Sie bei der Konflikterkennung und Konfliktbewältigung professionell begleitet. Haben Sie keine Angst davor. Das einzugestehen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern im Gegenteil eines von großer Stärke!