Streit in Relation zu anderen Paaren zu setzen, um sich zu vergleichen ergibt wenig Sinn. Wichtig ist nur, ob es für eure Beziehung, oder für dich als Person, zu viel ist. Es ist wichtig eine konstruktive Streitkultur zu pflegen, denn so kann die Partnerschaft daran wachsen und ihr profitiert beide davon.
Zuerst ist es wichtig herauszufinden, ob man in der Beziehung überhaupt eine Kommunikationsbasis hat. Kann man dem Gegenüber noch zuhören, oder ist man schon von Allem genervt, weil man sich bei den Gesprächen ständig nur im Kreis dreht und keinen Fortschritt macht.
Also ist die wichtige Frage, die man sich stellen muss: Bin ich bereit meinem Partner wieder ein Stück näher zu kommen? Bin ich bereit meine Position zu überdenken? Kann ich meinem Partner noch vertrauen? Will ich ihm vergeben? Traue ich mich einen Neustart zu wagen?
Ist streiten in der Beziehung normal?
Streiten heißt, in der Beziehung bleiben und Bereitschaft weiterhin den gemeinsamen Lebensweg zu gehen. Ein Streit soll nicht dazu da sein, um sich mehr verletzen, sondern um Probleme aus der Welt zu schaffen.
Solange man miteinander redet und kommuniziert, ist man auf einem guten Weg als Paar. Man möchte sich zusammenraufen und eckt dabei an. Man ist unterschiedlicher Meinung, hat Aufgaben unterschiedlich priorisiert, kriegt das Gesagte des Gegenübers in den falschen Hals, usw. Das können alles Auslöser für einen Streit sein. Man versucht sich nun dabei, wieder auf einen gemeinsamen Kurs zu einigen, um Dinge für die Zukunft klarzustellen. Nur indem man seine Bedürfnisse äußert, selbst wenn sie dem Partner nicht gefallen, schafft man es, sich auf lange Sicht zusammenzuschweißen. Das wird oft schon „Streit“ genannt.
Wenn man sich so sehr voneinander distanziert hat, dass man kein Interesse an einem Gespräch mit dem Partner, oder prinzipiellen Klärungsbedarf hat, ist die Beziehung meistens bereits gescheitert. In dieser Situation würde es zu keinem ernstgemeinten, konstruktiven Streit kommen, denn man lässt wichtige Probleme unausgesprochen und lebt sein Leben parallel voneinander weiter.
Ich habe ein Video zu diesem Thema auf meinem YouTube Kanal:
Wären Sie streitlos glücklich?
Versuchen Sie sich von der Wunschvorstellung einer streitlosen Beziehung zu lösen. Durch Filme und Bücher wurde uns dieses Bild als scheinbar perfekt verkauft. Jedoch ist nicht zu streiten kein Zeichen von idealer Liebe. Denn jeder Mensch ist nun mal unterschiedlich und hat daher auch andere Bedürfnisse, die mit seinem Partner in Einklang gebracht werden müssen. Das drückt sich oft in Form eines Streites aus.
Passiert dies nicht, ist die Beziehung meistens keine großartige Besonderheit, weil nie gestritten wird, sondern unausgesprochener Frust, der von der Fassade einer Bilderbuchbeziehung verdeckt wird. Also ist aus Prinzip nicht zu streiten, eigentlich keine Lösung.
Wenig, oder gar kein Streit kann auch daran liegen, dass einer, oder beide Partner harmoniesüchtig sind. Das bedeutet, dass Streitkonversationen nicht stattfinden, weil die Beteiligten lieber den Frieden wahren. Durch ein stark ausgeprägtes Bedürfnis nach Harmonie, kann die Verlustangst mit einem Streit einhergehen. Man bewertet die Auseinandersetzungen als negativ und fürchtet deshalb darum, von seinem Partner verlassen zu werden.
Wie streitet man richtig?
Nur weil Streit für eine Beziehung wichtig ist, heißt es nicht, dass man jedes noch so kleine Problemchen zu einem Theaterstück mit 4 Akten aufblasen muss. Paare, die sich ständig wegen jeder Kleinigkeit streiten, sind das andere „Extrem“, zu jenen die Streit fürchten und so gut es geht meiden wollen. Hier kann man nicht mehr von einer gesunden Streitkultur sprechen. Man sollte hier die Auslöser genauer unter die Lupe nehmen.
Ist das Streitthema wichtig?
Wie oft streitet man über weltverändernde Probleme und wie oft streitet man zum Beispiel über den falsch eingeräumten Geschirrspüler.
Wenn man die eigene Einstellung anpasst und versucht versöhnlicher mit der Beziehung umzugehen, lassen sich bereits viele unnötige Situationen im Vorfeld entschärfen. Oft ist ein Streit die Folge einer Nicht-Kommunizierten Erwartungshaltung. Man hätte sich erwartet, dass der Partner etwas tut, was dann aber nicht eingetroffen ist. Man könnte hierbei nun die Eskalation suchen, oder man versucht in sich zu gehen und die Situation zu verstehen. Hat man die eigene Erwartung kommuniziert, oder hat man gehofft, der Partner würde selbst auf die Idee kommen das zu tun, was man von ihm verlangt. Wieso ist es uns oft so wichtig, Dingen als selbstverständlich anzusehen, obwohl man seine Partner sehr gut kennt und genau weiß was deren Schwächen sind.
Kleinigkeiten kann und muss man jedoch auch ansprechen! Die Frage ist nur, wie man das tut. Solche Banalitäten haben es nicht verdient unsere Gemüter zu erhitzen. Ein lösungsorientiertes Gespräch wird auch garantiert mehr bewirken als ein Unmutsausbruch.
Was sollte ich im Konfliktfall vermeiden?
Egal wie versöhnlich oder friedvoll man miteinander umgeht, für langfristige Beziehungen wird ein Streit nicht zu verhindern sein. Also ist es wichtig zu wissen, was man hierbei auf jeden Fall vermeiden sollte, weil es nichts Positives zu der Auseinandersetzung beiträgt. Denn das Ziel eines Streits sollte nicht sein, seinen Gegenüber zu verletzen, sondern einen gemeinsamen Nenner zu finden, um zukünftig weiter miteinander leben zu können. Häufige problematische Verhaltensweisen im Streitfall sind folgende:
- Rechtfertigung
Antwortet man mit Vorwürfen nur rechtfertigend, so initiiert das nur einen weiteren Vorwurf. Sich zu rechtfertigen ist grundlegend nicht falsch, denn man klärt seinen Partner über die eigene Sicht zu der Situation auf. Jedoch sollte man zuvor auf die Wahrnehmung des Gegenübers eingehen und sie ernstnehmen! Was kann man zukünftig ändern, dass das nicht mehr passiert? Wieso hat es den Partner verletzt? Das sind wichtigere Fragen, die geklärt werden müssen, statt sich um die Schuldzuweisungen zu kümmern.
- Unsachliche Kritik
Wie man seine Bedürfnisse formuliert, ist ein wichtiger Bestandteil eines konstruktiven Streits. Deshalb ist es wichtig, sich das was man sagen will noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, statt einfach dem ersten Gefühl nachzugeben und unsachliche Kritik zu äußern. Es macht einen Unterschied, ob man: „Jedes Mal sortierst du die Wäsche falsch, du ruinierst unsere komplette Kleidung!“ oder: „Mich stört, dass du die Wäsche nicht richtig sortierst. Das wäre sehr wichtig, um weiterhin schöne Kleidung zu haben. Wie können wir das ändern?“ sagt.
Das eine sind Vorwürfe, die nur dazu führen, dass der Partner mit anderen Vorwürfen oder Rechtfertigung antworten kann. Die zweite Variante ist ein konstruktiver, ehrlicher und lösungsorientierter Ansatz, an dem man direkt im Gespräch arbeiten kann.
- Verachtung
Ein weiterer sehr wichtiger Punkt, ist seinem Partner selbst im Streit immer mit Respekt zu begegnen. Wenn man dem Gegenüber das Gefühl vermittelt, dass man sich als überlegen darstellen will, wird man es schwieriger haben, auf eine sinnvolle Lösung für beide Parteien zu kommen. Sarkasmus oder scharfe Bemerkungen sind in einer solchen Situation auch komplett Fehl am Platz. Dem Partner ist es gerade wichtig und durchaus ernst über ein bestimmtes Thema zu reden.
Mit solchen Bemerkungen zeigt man nur, dass man das gerade Gesagte nicht ernst nimmt. Das kann sehr kränkend sein und die Streitsituation weiter erhitzen. Das von offenen Demütigungen und Beleidigungen abzusehen ist, sollte daher selbstredend sein. Worte können verletzen, wählen Sie deshalb weise was Sie sagen. Es kann und wird nicht so schnell vergessen, wie man glaubt.
- Mauern
Dem Partner ist einfach alles zu viel, er kann sich mit Worten nicht so gut wehren wie sein Gegenüber und beschließt deshalb zu mauern. Das bedeutet, er zieht sich durch Gesprächsverweigerung aus dem Streit zurück. Er ignoriert sie offensichtlich, widmet sich einer komplett anderen Beschäftigung, oder verlässt komplett den Raum oder die Wohnung. Das ist auch eine Herangehensweise, die für eine gesunde Streitkultur nicht förderlich ist. Hierbei sollten aber auch beide Parteien versuchen, daran zu arbeiten.
Wenn Person A wortgewandter ist und deshalb jede Diskussion spielend leicht gewinnt, bleibt Person B vielleicht keine andere Möglichkeit als zu fliehen. Sie wird zu sehr in die Enge getrieben und weiß sich nicht mehr anders zu helfen. Dass muss Person A aber auch bemerken und versuchen seine Stärken nicht zur Gänze gegen den Partner auszuspielen. Lösen Sie sich von dem Gedanken, dass es in einem Streit einen Gewinner und einen Verlierer gibt. Die gibt es nur in dem Sinne, dass gewinnt wer zusammenhält und verliert wer nicht konstruktiv und respektvoll miteinander streitet.
Das soll aber nicht bedeuten, dass man gezwungen ist zu streiten, auch wenn man mal keine Energie dafür hat. Man kann und sollte auch aus einer Streitsituation aussteigen, wenn es einem gerade einfach zu viel wird. Der Ausstieg sollte jedoch wertfrei passieren: Man äußert ganz offen und ehrlich, dass man gerne eine Pause von der Situation haben möchte. Das sollte Ihnen die Möglichkeit geben, einen Schritt zurückzutreten. Sie können auch, falls Ihnen Streitereien zu schnell und intensiv sind, versuchen etwas Tempo herauszunehmen, indem Sie sich gegenseitig einen Brief schreiben. Beschreiben Sie darin alles was Sie beschäftigt und nehmen sich die Zeit, die dazu notwendig ist.
Fazit
Streiten ist wichtig und kein Indikator für eine schlecht laufende Beziehung. Wenn Sie streiten, sind Sie dabei sich zusammenzuraufen, das ist gut und wichtig! Aber vergessen Sie auch nicht, sich Abseits davon Zeit füreinander nehmen. Lassen Sie sich nach einem Streit aufeinander ein, gehen Sie romantisch essen, in das Kino, oder machen Sie sich einen schönen Abend in den eigenen vier Wänden.
Zeigen Sie sich, dass sie einander etwas bedeuten, sprechen Sie offen miteinander und versuchen Sie konstruktiv zu streiten. Ihre Beziehung wird an jedem neuen Streit wachsen und Sie besser aufeinander einspielen.