Was sind Lootboxen?
Lootboxen sind optionale Mechaniken von vielen Videospielen. Es handelt sich um “Schatztruhen”, welche Preise unterschiedlicher Seltenheit (und damit Wert) beinhalten können. Dennoch sind sie nicht ohne Gefahren. Lootboxen sind seit über einem Jahr ein heißes Thema in der Videospielindustrie. Warum?
Lootboxen spiegeln alle Gefahren des Glücksspiels wieder, da sie durch den Einsatz von Geld eine Chance eröffnen, zufällig generierte Spielinhalte freizuschalten, welche sich noch dazu maßgeblich in der Wahrscheinlichkeit unterscheiden, mit welcher sie gefunden werden können. Natürlich sind besonders begehrte Objekte erheblich seltener anzutreffen, oft unterhalb der 1% Marke, was allerdings meistens für den Spieler nicht ersichtlich ist.
Dies verleitet zum weiteren Zocken, das eigentliche Videospiel steht dabei oft gar nicht im Vordergrund, da diese obskuren Belohnungen oft rein kosmetischer Natur sind und die generelle Spielmechanik gar nicht beeinflussen.
Wirtschaftliche Gefahr für die Eltern
Viele Berichte der letzten zwei Jahre eröffnen die reellen Gefahren, dass Kinder über extrem kurze Zeiträume die Konten ihrer Eltern leerräumen, da sie Lootboxen für populäre Spiele wie etwa die der FIFA- oder Madden-Serie, kauften. Teilweise um hunderte oder mehr als tausende Euro. Viele werden sich fragen: Wie kann das denn überhaupt sein?
Viele Videospielkonsolen benötigen bei der ersten Registrierung übers Internet bereits eine Kreditkartennummer, da hier bereits zusätzliche Abo-Kosten anfallen, um den Onlineservice dieser nutzen zu können. Die Verrechnung erfolgt ab diesem Zeitpunkt automatisch und die Kreditkarteninformation wird oft standardmäßig gespeichert, um weitere Zahlungen zu ermöglichen, u.a. auch für Videospiele dritter Anbieter.
Wenn nun Kinder in einem Spiel mit echtem Geld Lootboxen erwerben möchten, verstehen sie oft gar nicht den Hintergrund, dass es sich hierbei um echtes Geld handelt. Wenn die Kreditkarte zur Verrechnung für Dritte beim Einrichten des Systems autorisiert wurde, so ist beim Kauf der Lootboxen nicht mehr notwendig, dass die Kreditkartendaten eingegeben werden.
Damit besteht keine Hürde für Kinder. Diese gehen häufig nämlich davon aus, dass es sich um Spielwährung handelt. Übrigens ist hier der Rechtsweg gegenüber den Konzernen die diese Spiele und Mechaniken gestalten ausgeschlossen, das Geld ist also weg.
Wenn Eltern also eher unsicher in der Verwendung von den Spielekonsolen ihrer Kinder sind: Suchen Sie auf jeden Fall nach der Elternfreigabe in den Systemoptionen (engl. Parental Control), denn hier können sehr wohl Optionen aktiviert werden, wonach Kreditkartenbuchungen doppelt bestätigt werden müssen, monatliche Beträge festgesetzt werden können, oder sogenannte Mikrotransaktionen (unter welche auch das Kaufen von Lootboxen fällt) deaktiviert werden.
Psychologische Gefahr für (ehemalige) Süchtige
Aber nicht nur Kinder oder Jugendliche sind hier eine Problemgruppe. Denn Lootboxen sprechen in unserer Psyche genau die gleiche Sprache wie Glücksspiel, weshalb überhaupt erst Kritik daran laut wurde. Dies führte zu einer direkten Illegalisierung der Lootboxen in manchen Ländern, bzw. dem Ruf nach Regularien in anderen.
Dennoch bleibt der Sachverhalt recht offensichtlich: Menschen, welche dazu neigen, in die Glücksspielsucht abzurutschen, neigen genauso dazu, mit Lootboxen Unsummen zu verzocken. In einigen Fällen sind junge Erwachsene betroffen, welche ihr Gehalt damit verzockten, bevor es überhaupt am Konto war.
Die Konsequenz ist hier oft Sachwalterschaft. Dennoch handelt es sich hier um eine viel gravierendere Problematik, da für Glücksspiel der Weg in ein Casino oft unausweichlich ist, doch wenn die gleiche Abhängigkeitsgefahr von einer Spielekonsole im eigenen Haushalt ausgeht, ist das Szenario um einiges bedrohlicher.
Auch Menschen, die sich erfolgreich aus der Glücksspielsucht geflüchtet haben, klagen, dass Lootboxen und die darum existierenden Spielmechaniken auf sie genau die gleichen Auswirkungen haben, wie ein Aufenthalt im Casino. Diese Menschen werden von der Videospielindustrie teilweise gezielt angesprochen, um mit ihren Problemen viel Geld auszugeben.
Es ist auch kein Geheimnis, dass besonders große Firmen wie Ubisoft, Activision, Blizzard, Bioware, Electronic Arts, Valve, usw. Psychologen beschäftigen, um den Konsum von Lootboxen zu steigern. Dadurch wird am Ende des Tages nicht nur das Videospiel selbst verkauft, sondern Konsumenten werden immer wieder Geld locker machen. Dass hierfür oft Tricks angewandt werden, welche Abhängigkeitsverhalten und Belohnungsantworten mit Endorphinausschüttung im Gehirn ausnützen, ist ebenfalls kein Geheimnis.
Hier werden also offensichtlich schmutzige Tricks angewandt, um Abhängigkeiten zu generieren, bzw. Vorhandene auszunutzen. Die größte Sorge: Viele dieser Videospiele wurden als “für Alter 3+” oder als “Keine Altersbeschränkung” freigegeben, wobei Glücksspiel eindeutig Mindestalter von 18-21 Jahren voraussetzt. Zurecht wird in diesem Kontext oft gefragt: Aber wie darf das denn überhaupt sein?
Mangelnde rechtliche Aktion
Die Videospielindustrie ist verhältnismäßig jung, wenn es um die Gesetzgebung dahinter geht. Durch rechtliche Schlupflöcher gelten Lootboxen nicht notwendigerweise als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielgesetzes, auch wenn die Kerndefinition erfüllt ist, und die psychologische Antwort im Gehirn exakt die gleiche ist.
Diese rechtliche Lücke passiert oft auch deswegen, weil die Lootboxen selbst als Belohnung im Spiel verschenkt werden, aber Schlüssel, um die Boxen zu öffnen, gekauft werden müssen.
In Belgien entschied man z.B., dass das geltende Glücksspielgesetz sehr wohl auf Lootboxen anzuwenden sei, und diese wurden sofort als illegal erklärt, da sich Konzerne weigerten, die Altersfreigabe für Spiele, welche diese beinhalten, anzupassen.
Im vereinigten Königreich beharrt das Haus der Lords bereits seit zwei Monaten darauf, dass das Glücksspielgesetz auf digitale Inhalte (Lootboxen und andere Mikrotransaktionen) ausgeweitet wird.
In vielen Ländern, darunter auch Österreich, ist das Glücksspielgesetz relativ alt und die Wortwahl recht explizit, was dazu führt, dass alles, was nach dessen Verabschiedung das Licht der Welt erblickt und evtl. Regulation bedürfte, explizit davon ausgeschlossen ist.
In diesem Sinne müsste der Gesetzgeber also handeln und das Glücksspielgesetz novellieren, dass es auch digitale Medien wie Lootboxen einschließt.
Goldene Regeln zum Umgang mit Lootboxen
- Eltern, welche sich nicht notwendigerweise mit Spielekonsolen oder Videospielen sicher fühlen, sollten sich mit der Elternfreigabe des jeweiligen Systems auseinandersetzen, wenn Kinder im Haushalt leben. Auch sind klärende Gespräche sinnvoll, damit Kinder wissen, dass auch digitale Medien reale Konsequenzen haben können. Wer sich technisch als absolut unbedarft fühlt, keine Sorge, im Internet finden Sie sicher Tutorials, welche es Ihnen erlauben, hier nachzuholen.
- Wenn Sie selbst mit Glücksspielabhängigkeit kämpfen oder in der Vergangenheit Probleme hatten, oder jemanden kennen, auf den dies zutrifft, so geben Sie auf sich und ihre Freunde und Lieben Acht! Informieren Sie sich vor dem Erwerb eines Videospiels im Internet, ob es Lootboxen enthält, setzen Sie sich nicht der Möglichkeit eines Rückfalls in den eigenen Wänden aus, und stellen Sie sicher, dass etwaige Betroffene sich der Gefahr bewusst sind. Leider ist es noch so, dass Lootboxen nicht auf der Verpackung eines Spiels deklariert werden müssen, trauen Sie hier sicherheitshalber nicht dem Hersteller, sondern unabhängigen Spiele-Journalen.
- Informieren Sie sich regelmäßig, was Hersteller in diesem Kontext dürfen und was diese deklarieren müssen, da dieses Thema immer mehr ins Rollen gerät.
Glücksspielsucht – ein schleichendes Problem
Glücksspielsucht passiert nicht von einem Tag auf den anderen. Vielmehr ist es eine Sucht, die sich langsam ins Leben einschleicht. Und wie bei allen Krankheiten gilt die Regel: Je früher sie erkannt wird, desto leichter ist es, sie zu behandeln und zu heilen.
Leider ist es nur allzu oft so, dass die Sucht erst erkannt wird, wenn sie existenzbedrohend wird. Anfangs bemerken nämlich häufig weder die Betroffenen noch deren Umfeld, dass ein Problem besteht. Viele Erkrankte halten nämlich ihre Spielerei geheim – immerhin ist das, solange nicht ein bestimmtes Maß an Ausgaben erreicht wird, ziemlich einfach.
Wie bei jeder Sucht schleicht sich irgendwann das Problem ein, dass der/die Betroffene nicht mehr weiß, ob er/sie überhaupt spielen möchte. Die Tätigkeit wird einfach Mittelpunkt des Lebens, andere Interessen, der Job, Beziehungen werden komplett vernachlässigt. Die Lügen werden häufiger und größer. Und irgendwann bricht das Dach über dem Kopf zusammen.
So entsteht Glücksspielsucht
Glücksspiele wirken oft fördernd auf die Sucht. Das beginnt bei Einsatz von Spielwährung, die mit echtem Geld erstanden werden muss. So sinkt die Hemmschwelle. Auch das Umfeld und das Koppeln mit anderen Interessen (z.B. Sportwetten) verhelfen dazu, sich auf das Spielen zu konzentrieren. Der Lerneffekt ist bei häufigen Gewinnen besonders hoch und führt leichter in die Sucht.
Nicht zu vernachlässigen in der Entstehung der Sucht ist auch das, was tatsächlich biochemisch im Gehirn passiert. Durch die Ausschüttung von Endorphinen (“Glückshormonen”), wird das Belohnungszentrum im Gehirn bei Gewinn aktiviert. Dies ist ein sehr angenehmes Gefühl, von dem manche nicht mehr wegkommen.
Sie tun dann alles, um dieses Gefühl wieder erleben zu können. So entsteht die Erhöhung der Dosis des Suchtmittels, in diesem Falle der Geldeinsatz.
Wichtig zu beachten ist, dass es den typischen Glücksspieler nicht gibt. Es fallen immer mehrere Faktoren dabei zusammen. Menschen mit geringem Selbstwertgefühl und schlechter Impulskontrolle werden häufiger zu Süchtigen. Narzissmus, Konfliktbewältigungsprobleme und sogar Migrationshintergrund (wegen der extremen, psychischen Belastung z.B. einer Flucht aus dem Heimatland) können begünstigend wirken.
Wie schon im Artikel angesprochen, ist die Gefahr der Online-Glücksspiele besonders hoch. Denn hier muss man nicht vor die Türe gehen und sich in der Öffentlichkeit zeigen, um zu zocken. Dort ist die Wahrscheinlichkeit noch höher, dass das Problem erkannt wird.
Online-Glücksspiele hingegen ermöglichen, in den eigenen vier Wänden der Sucht zu frönen, unerkannt und anonym, und sie ermöglichen auch, mehrere Spiele mit Leichtigkeit gleichzeitig zu spielen.
Symptome und Stadien der Glücksspielsucht
Besonders wichtig ist, zu verstehen, dass Glücksspielsucht sehr häufig kein gesondertes Problem ist. Mit dem Spielen wird oft deswegen begonnen, um den Ausweg aus einem anderen Problem zu finden.
Dies können einerseits psychische Probleme und Erkrankungen wie Angst, Schuldgefühle oder Depression sein, aber auch die Flucht aus anderen Süchten in die Spielesucht. Bei letzterem Fall wird von einer Suchtverlagerung gesprochen.
- Einstiegsphase
In dieser Phase setzt sich der/die Betroffene in der Freizeit mit dem Glücksspiel auseinander. Es werden gute Erfahrungen damit gemacht, gewinnt der/die Betroffene häufig, so beschleunigt das die Sucht. Der/die Betroffene fühlt persönlichen Erfolg, weil er/sie (viel) Geld “geschaffen” hat. Einsatz und Risiko werden höher, jedoch nicht die Spielefrequenz.
Mögliche Symptome: Der/die Betroffene ist sehr vom Thema Glücksspiel eingenommen. Gespräche drehen sich häufig um das Thema. Große Teile der Freizeit werden mit dem Spielen verbracht.
- Verlustphase
In dieser Phase werden die ersten und gravierenden finanziellen Verluste eingefahren. Hier erhöht sich nun die Spielefrequenz. Die Betroffenen beginnen, ihr Verhalten zu verheimlichen und Beziehungen werden belastet, sowohl in der Familie als auch am Arbeitsplatz. Geld wird ausgeliehen und Probleme werden ignoriert.
Mögliche Symptome: Der/die Betroffene leiht sich oft Geld, das er nicht pünktlich zurückzahlt. Er/sie spricht davon, dass er seine/ihre Verluste durch Gewinne schon wieder gut machen würde und dass er/sie die Spiele “durchschaut” hätte. Ertappt man den/die Betroffene/n beim Lügen über sein Spielverhalten, ist es höchste Zeit, zu handeln.
- Verzweiflungsphase
Die letzte Phase zeigt sich dadurch, dass das Glücksspiel keinen Spaß mehr macht, sondern Zwang ist. Alles wird verspielt, in dem Glauben, dass es wieder zurückgewonnen werden kann. Auch Betrug kommt vor, um zu gewinnen oder Geld zu erlangen. Das Spielverhalten kann nicht mehr kontrolliert werden, Beteuerungen, damit aufzuhören, können ohne Therapie nicht eingehalten werden.
Mögliche Symptome: Schlechte Stimmung, Gereiztheit und Unruhe sind deutlich erkennbar. Der/die Betroffene verbringt oft Tage nur mit dem Spielen. Er/sie verwahrlost zusehends, pflegt Beziehungen überhaupt nicht mehr und hat keine anderen Interessen mehr.
Richtiger Umgang und Behandlung
Sprechen Sie den/die Betroffene am besten nicht direkt nach einer Spieleepisode an, sondern warten Sie auf eine ruhige Minute, um das Problem anzusprechen. Machen Sie dem/der Betroffenen keine Vorwürfe, sondern versuchen Sie, ihn/sie vorsichtig auf das Problem hinzuweisen. Weisen Sie den/die Betroffene auf Selbsttests und Beratungsstellen hin (Links am Ende des Artikels).
Die Behandlung erfolgt in der Regel in mehreren Phasen:
1. Kontakt- oder Motivationsphase: Hier wird oft an eine Selbsthilfegruppe und die Schuldnerberatung verweisen.
2. Eingewöhnungsphase: Hier erhält der/die Betroffene eine psychotherapeutische Behandlung. Welche Form diese annimmt, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und je nach Schweregrad der Sucht anders durchzuführen. Ob sie ambulant oder stationär erfolgt, ist ebenfalls von Fall zu Fall unterschiedlich.
Therapie ist jedoch unumgänglich, um herauszufinden, wie die Sucht entstanden ist. Denn nur Ursachenbehandlung hilft den Betroffenen.
Folgende Fragen sind besonders wichtig zu klären: Bestehen andere Probleme im Leben des/der Betroffenen, die er/sie durch das Spielen verdrängen wollte? Woher kommt der abhängige Persönlichkeitstyp? Gibt es Traumata in der Vergangenheit, die bewältigt werden müssen?
3. Nachsorgephase: Der/die Betroffene wird an eine darauf spezialisierte Beratungs- und Kontrollstelle verwiesen, die ihm/ihr hilft, nach der Therapie nicht rückfällig zu werden.
Generell gilt: Egal, in welcher Phase sich der/die Betroffene befindet, eine Therapie ist immer wichtig, da ein Rückfall sonst sehr wahrscheinlich ist.
Suchen Sie Hilfe!
Scheuen Sie sich nicht, wenn Sie oder ein Angehöriger oder Freund betroffen sind, Hilfe zu suchen!
Auf der Seite des Finanzministeriums finden Sie unter diesem Link Informationen und Hilfestellung zum Erkennen von Glücksspielsucht, sowie Links zu Anlaufstellen, wenn Sie glauben, an Glücksspielsucht zu leiden.
Auch die Fachstelle für Glücksspielsucht steht sowohl Betroffenen als auch Angehörigen zur Seite und bietet einen Selbsttest an.
Fazit
Lootboxen sind gefährliche, neue Mechaniken in Computer- und Konsolenspielen, die dazu verleiten, ins Glücksspiel einzutauchen. Es handelt sich um Schatztruhen, deren Inhalt zufällig ist und wertvolle oder seltene Gegenstände haben nur eine geringe Chance, erworben zu werden. Sie stellen nicht nur Gefahr für Kinder und Jugendliche dar, die damit nicht umzugehen wissen, sondern auch für Erwachsene, die zur Sucht neigen oder schon einmal glücksspielsüchtig waren.
Glücksspielsucht ist eine schleichende Erkrankung, die oft erst erkannt wird, wenn es finanziell für die Betroffenen so eng ist, dass es schon zu spät ist. Den Betroffenen zu helfen ist oft schwer, da das Verhalten oft verheimlicht wird und viel gelogen wird, um die finanziellen Probleme zu decken. Jeder Betroffene braucht eine Therapie und Überwachung, um in das Verhalten nicht erneut abzustürzen.