Computerspielsucht (im Fachjargon: Computerspielabhängigkeit) gehört, wie der Name schon verrät, zu den Suchterkrankungen. Die “Substanz” auf die die Abhängigkeit besteht, ist hierbei das Computerspielen. Wie bei jeder Suchterkrankung handelt es sich um eine psychische Erkrankung, die professionelle Hilfe braucht.
Wenn Sie an diesen Begriff denken, assoziieren Sie ihn sicherlich automatisch mit Kindern oder Jugendlichen, bei denen schon mal gerne beobachtet wird, dass sie zu viel Zeit vor dem PC oder der Konsole verbringen.
Umso interessanter ist, dass diese Sucht auch sehr häufig Erwachsene betrifft. Dabei ist nicht nur von jungen Erwachsenen (18-29 Jahre) die Rede, sondern auch von höheren Altersgruppen. Suchterkrankungen können eben in jedem Alter auftreten, oft allerdings mit unterschiedlichen Ursachen.
Statistisch ist jedoch klar: Männer sind häufiger davon betroffen als Frauen. Das gilt sowohl für minderjährige als auch erwachsene Menschen.
Die Art des Computerspiels ist dabei nicht egal: Massen-Mehrspieler-Online-Rollenspiele (MMORPG) gelten als besonders suchtgefährdend. Das kommt nicht von ungefähr. Oft sind diese mit Glücksspiel-Mechaniken verbunden. Da mit vielen anderen Menschen gespielt wird, kommt hier oft auch das Geltungsbedürfnis in einer Fantasiewelt zustande.
Ursachen der Computerspielsucht
Sucht hat generell eine Überaktivierung des Belohnungszentrums im Gehirn als Ursache. Dieser Teil des Gehirns ist dazu gedacht, Verhaltensweisen zu verstärken, die uns gut tun. Also Ernährung, Sport, Geschlechtsverkehr, etc.
Leider kann es aber auch dazu kommen, dass dieses Zentrum durch andere Reize aktiviert wird. Im Falle der Computerspielsucht sind es die Erfolgserlebnisse im Spiel und die Anerkennung anderer Mitspieler, die mitunter dies auslösen.
Wie auch bei anderen Süchten gilt: Den klassischen “Computerspielsucht-Typ” gibt es nicht.
Risikofaktoren sind jedoch oft Ursachen für eine Suchterkrankung. Menschen, die besonders impulsiv sind, sich nicht gut unter Kontrolle haben oder generell unsichere und labile Persönlichkeiten sind, neigen eher dazu, auf eine Substanz süchtig zu werden.
Auch Menschen, die soziale Ängste oder geringes Selbstwertgefühl haben, flüchten sich oft gerne in eine virtuelle Welt. Nicht nur ist hier das Schlüpfen in eine andere Rolle verführerisch, die Anerkennung einer Gruppe, die v.a. In MMORPGs dazu kommt, verleitet diese Persönlichkeitstypen zur Sucht.
Viele Betroffene flüchten auch aus der Realität mit der Computerspielsucht. Auch ist bekannt, dass Kinder, die von klein auf digitale Medien als positiv und Tröstung erlebt haben, später eher süchtiger werden als andere.
Natürlich spielt auch die Umwelt des/der Betroffenen eine große Rolle. Hat jemand viel Stress und kommt mit seinem Leben nicht zurecht, so ist die Flucht in eine andere Welt für diese Person oft der einzige Ausweg.
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Symptome der Computerspielsucht
Viele psychische und körperliche Krankheiten werden nach dem sogenannten ICD-10 klassifiziert. ICD-10 steht für Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. Das ist eine Klassifikation der WHO, der Weltgesundheitsorganisation, die Symptome festlegt, mit denen gewisse Krankheiten diagnostiziert werden können und sollen.
Seit 2019 ist nun auch die Computerspielabhängigkeit in den Katalog aufgenommen worden. Psychologische Krankheiten werden in einen Unterkatalog aufgenommen, dem DSM-IV. DSM-IV steht für diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer Störungen 6.
Laut ICD-10/DSM-IV müssen folgende Symptome mindestens über 12 Monate präsent sein, um als Sucht klassifiziert werden zu können:
- Gedankliche Eingenommenheit: Hat der/die Betroffene einen fast unstillbaren Wunsch, am PC zu sitzen und zu spielen? Denkt er/sie an nichts anderes mehr?
- Entzugssymptome: Ist der/die Betroffene deprimiert, gereizt und unruhig, wenn er/sie nicht zum Spielen kommt?
- Toleranzentwicklung: Braucht der/die Betroffene immer mehr Zeit vorm PC, um “genug” zu haben, also um wieder ruhig und ausgeglichen zu sein?
- Fehlende Kontrolle: Werden Vorsätze, weniger oder kürzer zu spielen, nicht eingehalten? Kann der/die Betroffene Versprechen, nicht mehr so viel zu spielen, nicht einhalten?
- Interessenverlust: Werden soziale Kontakte oder andere Interessen vernachlässigt? Wird gar Schlaf, Ernährung oder Körperhygiene vernachlässigt?
- Weitere Nutzung trotz auftauchender Probleme: Entstehen durch die Zeit am Spielen gar Nachteile, die der/die Betroffene einfach ignoriert (z.b. Jobverlust, schlechtere Noten, etc.)?
- Vertuschen: Verheimlicht der/die Betroffene, dass er/sie spielt? Spielt er/sie heimlich z.B. nachts?
- Flucht: Flüchtet sich der/die Betroffene immer mehr in das Spiel? Wir die Realität mit ihren Problemen zusehends ignoriert?
- Schwerwiegende Folgen: Körperlich: Rückenschmerzen, Augenschmerzen, Tennisarm/Mausarm, Schulterschmerzen, Übergewicht, schlechte Blutwerte, hohe Blutzuckerwerte, schlechter Schlaf wegen viel Blaulicht, zu wenig Melatonin und damit verbunden Schlafstörungen, finanzieller Ruin, Verwahrlosung, bis hin zur Obdachlosigkeit in besonders schweren Fällen.
Auch, wenn es oft nicht einfach ist, die Sucht schnell zu erkennen, so ist es jedoch wichtig, dem/der Betroffenen so schnell wie möglich zu helfen, da Süchte sich nicht von alleine bessern. Die Folgen sind irgendwann immer gravierend. Zuerst leidet die Psyche, dann der Körper.
Sehr häufig sind auch sogenannte Komorbiditäten, also Begleiterkrankungen. Besonders häufig sind Angststörung, Depression und ADHS.
Was können Sie als Beistehender tun?
Halten Sie sich vor Augen, dass der/die Betroffene oft nicht mitbekommt, was mit ihm/ihr passiert. Keine der mitunter aggressiven Reaktionen, die diese Menschen ihnen gegenüber zeigen, sind wirklich 100% willentlich. Süchtige sind krank, genauso, als ob sie z.B. Angina haben.
Das A und O von Hilfe für den/die Betroffene/n ist der Wille, etwas zu ändern. Es gibt leider nämlich viele Fälle, in denen die Betroffenen sich in der Sucht wohl fühlen und sich nicht helfen lassen wollen. Hier können Sie wenig tun. Oft braucht es auch Hinweise von Außenstehenden an die Betroffenen, damit diese erkennen, dass etwas nicht stimmt.
Wichtig ist daher, dem/der Betroffenen nicht mit Kritik und Tadel zu begegnen, denn das wird in den meisten Fällen Flucht und Abwehr hervorrufen. Oft verheimlichen Betroffene dann nämlich die Spielerei, was die Problematik oft noch verschärft.
Seien Sie verständnisvoll, interessieren Sie sich für das Spiel und lassen Sie den/die Betroffene erklären, was ihm/ihr daran so gut gefällt, bzw. wie das Spiel funktioniert. So lässt sich auch oft herausfinden, ob eine Realitätsflucht besteht oder nicht.
Den/die Betroffene auf andere Interessen und Freunde anzusprechen, kann denjenigen/diejenige darauf bringen, dass er/sie mit dergleichen fast keine Zeit mehr verbringt.
Sollte der/die Betroffene andere Aktivitäten wieder aufnehmen, unterstützen und belohnen Sie ihn/sie dafür. Er/sie soll Anderes als positiv wahrnehmen. Jedoch ist dieses Verhalten ohne professionelle Hilfe sehr selten, gehen Sie also nicht davon aus.
Eine fixe Zeit für das Spiel zu setzen, kann hilfreich sein, hängt aber auch wieder vom/ von der Betroffenen ab, ob die Methode fruchtet.
In fast allen Fällen wird jedoch eine professionelle Therapie notwendig sein und es ist absolut notwendig, dass der/die Betroffene auch nach der Therapie das Suchtmittel meidet. Rückfälle sind nämlich nur allzu häufig.
Wie genau die Therapie aussieht, das ist von Fall zu Fall unterschiedlich und muss mit dem/der Betroffenen individuell mit dem Therapeuten erarbeitet werden.
Lassen Sie sich mit dem Suchen nach professioneller Hilfe keinesfalls zu viel Zeit, bevor die Folgen für den/die Betroffene/n schwerwiegend werden!
Was können Sie als Betroffener tun?
Wenn Sie glauben, dass Sie süchtig sind, holen Sie sich auf jeden Fall Hilfe! Suchterkrankungen sind ernste Probleme, aus denen man nur in den seltensten Fällen wieder alleine herauskommt!
Es gibt in Österreich einige Stellen, an die Sie sich wenden können, wenn Sie glauben, dass Sie computerspielsüchtig sind und Hilfe brauchen, aus der Sucht heraus zu kommen. Unter diesem Link finden Sie eine ganze Liste an Stellen, die Ihnen (auch kostenlos) weiterhelfen können.
Selbstverständlich können Sie sich auch an mich wenden, wenn Sie Hilfe brauchen!
Lassen Sie die Folgen Ihrer Erkrankung nicht existenzbedrohend werden!
Halten Sie sich jedenfalls vor Augen, dass der Weg aus einer Suchterkrankung ein langer und harter ist. Sie werden viel Geduld und Durchhaltevermögen brauchen. Aber ich verspreche Ihnen, dass Sie ein besseres und schöneres Leben ohne Computerspiele führen werden.
Bedenken Sie: Der erste Schritt beginnt mit Ihnen. Sie können immer etwas gegen die Krankheit tun!
Fazit
Computerspielsucht ist eine immer häufiger auftretende Krankheit, die sich nicht nur bei Kindern findet. Auch Erwachsene können betroffen sein. Sie kann schwerwiegende Folgen wie schwere, körperliche Erkrankungen und finanzieller Ruin haben.
Daher sollte sie keineswegs auf die leichte Schulter genommen werden. Wenngleich auch der Weg aus der Sucht schwer ist, so können Angehörige und Betroffene einiges tun, um ihn zu meistern.