Die Tage werden kürzer und dunkler. Kaum jemand findet das angenehm. Die Lieblingsjahreszeit der meisten Menschen ist der warme, helle Sommer. Und das mit gutem Grund. Denn das schlechte Wetter und das wenige Tageslicht können schnell auf die Stimmung drücken.
Bis zu 9% der Menschen leiden unter der umgangssprachlichen Winterdepression, oder in abgeschwächter Form unter dem „Winterblues“. Frauen und Menschen im Lebensalter von ca. 30 Jahren sind davon am häufigsten betroffen.
Kennen Sie das auch von sich? Dann ist der folgende Artikel möglicherweise etwas für Sie. Hier werde ich der Frage nachgehen, was sich auf der körperlichen Ebene in der dunklen Jahreszeit ändert und was die Kennzeichen des Winterblues (bzw. der Winterdepression) sind. Ein Hauptaugenmerk liegt in diesem Artikel auf den Strategien, wie Sie dem Winterblues entgegenwirken können. Dazu finden Sie einige Tipps, die Sie auch im Alltag selbst anwenden und umsetzen können.
Veränderte physiologische Prozesse durch die Dunkelheit der Jahreszeit
Die Dunkelheit der Herbst- und Winterzeit führt zu einer Umstellung unserer inneren Uhr, die hauptsächlich durch Sonnenlicht beeinflusst wird. Bei kürzeren Tagen und der generell reduzierten Helligkeit wird im Körper verstärkt Melanin, ein Schlafhormon, ausgeschüttet. Dies sorgt für verstärkte Müdigkeit und Schlappheit.
Gleichzeitig sinkt die Konzentration von Serotonin, einem Glückshormon, im Gehirn stark ab, da es für die Produktion von Melanin umgewandelt und abgebaut wird. Die Folge: eine schlechte, schwermütige Stimmung – der sogenannte Winterblues.
Den Mangel an Serotonin versucht der Körper durch eine vermehrte Zufuhr von Energie, vor allem in Form von Süßigkeiten, auszugleichen – daher die gesteigerte Lust auf Kohlenhydrate und Süßes.
Kennzeichen einer Winterdepression
Wenn das Stimmungstief länger als zwei Wochen andauert und mehrere Lebensbereiche beeinflusst, wird von saisonal abhängiger Depression (englisch: seasonal affective disorder, SAD) gesprochen. Diese Diagnose wird den rezidivierenden Depressionen zugeordnet, da sie bei Betroffenen meist jährlich wiederkehrt.
Da diese hauptsächlich in der Zeit zwischen Herbst und Winter auftritt, wird sie umgangssprachlich auch einfach als Winterdepression bezeichnet. Diese Diagnose gibt es strenggenommen aber nicht.
Der Winterblues, die leichtere Form davon, ist dagegen nachgewiesen. Dieser geht häufig mit gesteigertem Appetit und vermehrter Müdigkeit einher, also Symptome, die eher leicht und normalerweise gut händelbar sind.
Kommen jedoch andere (schwerere) Symptome hinzu, handelt es sich um eine Depression. Mögliche Anzeichen dafür sind:
- starke Erschöpfung und Energielosigkeit
- Gereiztheit, Unausgeglichenheit, starke Stimmungsschwankungen
- Gedrückte Stimmung und Freudlosigkeit
- Vernachlässigung der eigenen Person und sozialer Kontakte
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Nervosität
- Schlafstörungen
- Angstzustände
- Körperliche Beschwerden ohne organische Ursache
Spätestens dann beeinträchtigt die Depression die Lebensqualität und sollte behandelt werden!
Nur jede zehnte Depression im Winter ist allerdings auch eine Winterdepression, als saisonal abhängig und wiederkehrend. Jedoch können sich auch „normale“ depressive Episoden während der dunklen Jahreszeit verstärken.
5 effektive Tipps und Strategien gegen den Winterblues
Die gute Nachricht ist: Damit der Winterblues sich erst gar nicht einnisten kann, können Sie selbst etwas unternehmen. Mit den folgenden Tipps und Strategien kann es gelingen, der schlechten Stimmung vorzubeugen und sie zu bekämpfen:
1. Licht tanken durch Lichttherapie
Dem Lichtmangel der Jahreszeit kann auch mit einer Lichttherapie entgegengewirkt werden. Hierbei kommen spezielle Lampen zum Einsatz, die Lichtstärken von ca. 10 000 Lux aufbringen und mit einem fluoreszierendes Tageslichtspektrum leuchten. Auf diese Weise kommt der innere Tagesrhythmus wieder ins Gleichgewicht und die Serotonin-Produktion wird angekurbelt. Das wirkt aktivierend und stimmungsaufhellend.
Tageslichtlampen sind frei erhältlich und relativ erschwinglich, sollten jedoch nur in vorheriger Absprache mit einem Arzt angewendet werden. Die Lampen strahlen zudem keine UV-Strahlung ab und sind in dieser Hinsicht unbedenklich.
Die Therapie ist täglich am Morgen durchzuführen. Dafür setzt man sich in einem Abstand von etwa einem Meter vor die Lampe. Die einzuhaltende Dauer ist (je nach Wirksamkeit) eine halbe bis maximal zwei Stunden, über mindestens zwei Wochen hinweg. Für die besten Ergebnisse sollte immer wieder direkt ins Licht geschaut werden, gleichzeitig können nebenbei aber auch andere Aktivitäten wie Arbeiten, Lesen oder Essen durchgeführt werden.
Die Anwendung ist also nicht nur einfach und praktisch, sondern auch erfolgreich: 60-90% der Anwender konnten von der Lichttherapie profitieren und zeigten eine (leichte) Besserung ihrer depressiven Beschwerden.
2. Raus an die frische Luft!
Eine gute Alternative zur Lichttherapie ist, hinauszugehen! Denn die Lichttherapie wird kassenärztlich nicht bezahlt. Fast dieselben Ergebnisse können nämlich damit erzielt werden, dass man sich ca. eine halbe Stunde täglich unter freiem Himmel aufhält, selbst bei trübem Wetter.
Um der Kälte zu entfliehen, ziehen wir uns stattdessen gern zurück „in die warme Stube“ – eine Verhaltensweise, die zu einem Mangel an frischer Luft und Tageslicht führt. Denn sogar an trüben Tagen sind draußen Lichtstärken über 2500 Lux vorhanden, in Innenräumen dagegen nur ca. 600 Lux.
Außerdem kann der Körper draußen Vitamin D tanken. Dies trägt zu einer gesunden Funktion des Gehirns bei. Menschen, die an einer Depression leiden, haben nachweislich einen eher niedrigen Vitamin-D-Spiegel.
Wirken Sie dem Lichtmangel also entgegen, indem Sie sich trotz ungemütlichem Wetter und Kälte zumindest einmal am Tag für eine halbe Stunde „hinauswagen“. Auch hier gilt die Faustregel, dass das Rausgehen ans Tageslicht am besten am Morgen (spätestens bis Mittag) erfolgen sollte.
3. Ausreichend Bewegung und Sport
Erhöhte Müdigkeit und Energielosigkeit bekämpft man außerdem gut mit Bewegung und leichten sportlichen Aktivitäten (z.B. Joggen, Walken). Diese bringen den Kreislauf in Schwung und tragen damit zur Wiederherstellung des hormonellen Gleichgewichts bei.
Fällt das schwer, motivieren Sie sich durch eine Verabredung mit Freunden oder schaffen Sie sich eventuell ein Haustier an, mit dem Sie regelmäßig Gassi gehen müssen. Oder belohnen Sie sich selbst danach mit etwas, das Ihnen angenehm erscheint. Hier können Sie alle Tricks anwenden, die Ihnen einfallen und bei denen Sie von sich wissen, dass Sie wirken.
Denn es lohnt sich. Die positiven Effekte auf Ihre Gesundheit und Psyche sind nachgewiesen. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit darauf und freuen Sie sich an der Aktivität. Genießen Sie es, das macht den Aufwand wieder wett!
4. Stress vermeiden
Reduzieren Sie, wenn es möglich ist, den Stress in dieser Jahreszeit. Laden Sie sich keine weiteren Projekte oder zusätzlichen Aufgaben auf. Lassen Sie es stattdessen gemütlich angehen und nehmen Sie dadurch Druck aus ihrem Alltag.
Übermäßiger und anhaltender Stress führt nämlich zu einem Ungleichgewicht im Hormonhaushalt und begünstigt damit Symptome, die einer depressiven Verstimmung ähneln. Zudem führen der ständige Zeitdruck und der Anspruch, alles zu schaffen, was man sich vorgenommen hat, dazu, dass wohltuende, entspannende Aktivitäten vernachlässigt werden. Außerdem begünstigt Stress den inneren Kritiker und den Antreiber in uns und führt zu häufigem (teilweise perfektionistischem) Vergleichen mit anderen, die uns nicht guttun und unserer Selbstliebe schaden.
Planen Sie sich deshalb bewusst jeden Tag ein kleines Wohlfühlritual ein, bei dem Sie ganz zur Ruhe kommen können, z.B. eine Tasse Tee am Kamin am Abend vor dem Schlafengehen, oder etwas Ähnliches.
Auch Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen können helfen, zu entschleunigen und den Stress im Alltag zu reduzieren.
5. Wohltuenden Aktivitäten nachgehen
Prinzipiell gilt: Alles, was Ihnen Freude macht, hilft, die Glückshormone in Schwung zu bringen. Welche Aktivitäten das genau sind, ist ganz verschieden und individuell.
Hier sind auch die kleinen Dinge, die Freude bereiten und sich gut im Alltag „unterbringen lassen“ ausschlaggebend und wichtig. Sie können immer wieder zu Inseln oder kleinen Oasen in der täglichen Routine werden und unsere Lebensfreude und Dankbarkeit stärken.
Aktivitäten in Gesellschaft eignen sich ebenfalls hervorragend zur Stimmungsaufhellung und Aktivierung von Körper und Geist. Planen Sie vielleicht mal ein gemeinsames Abendessen mit Freunden ein oder einen Spieleabend mit der Familie ein – nicht als einen zusätzlichen Termin im Kalender, der Stress auslöst, sondern ein Ereignis, auf das Sie mit Vorfreude schauen und bei dem Sie auftanken können.
Fazit
Der Winterblues und Stimmungstiefs zur herbstlichen und winterlichen Jahreszeit sind sehr häufig und aus den genannten Gründen durchaus nachvollziehbar.
Jedoch gibt es auch einige Maßnahmen, mit denen Sie dem leicht entgegenwirken können. Vielleicht konnten Sie in diesem Artikel neue Denkanstöße dazu finden.
Indem Sie sich in den genannten Strategien einüben, kann es gelingen, die schlechte Stimmung abzuschütteln und auch der dunklen Jahreszeit etwas Schönes abzugewinnen.
Wenn Sie in der Rückschau und Selbstreflexion über das Thema wahrgenommen haben, dass es bei Ihnen Anzeichen gibt, die stärker sind und eher in Richtung Depression gehen, kann ich Sie nur ermutigen, professionelle Hilfe in Form einer Psychotherapie in Anspruch zu nehmen. Zudem gilt: Je früher Sie sich einer Aufarbeitung widmen, desto besser sind die Heilungschancen.
Für die Überwindung der schlechten Stimmung wünsche ich alles Gute und viel Erfolg!